Jahrestagung des Bundesweiten Arbeitskreises Glücksspielsucht

Psychosoziale Aspekte der Glücksspielsucht

 

12.-13. November 1998

 

 Foto: Gluecksspiel

 

Zeitungsmeldungen

der letzten Tage:

 

 

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Alles verdaddelt!

MÜNCHEN (dpa). Die Beute des bayerischen ¸¸Besenstiel- Bankräubers''

von 4,62 Millionen Mark ist offenbar komplett für dessen Lebenswandel

draufgegangen. ¸¸So wie es ausschaut, ist keine Mark mehr da'', sagte

ein Ermittler am Donnerstag auf Anfrage. Der 46jährige sitzt in der

Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim ein. Den Ermittlungen zufolge

hatte er keine Mittäter. Seine Ex-Frau und sein 16jähriger Sohn sollen

noch gehört werden, die Polizei geht aber nicht davon aus, daß sie von

den Taten wußten.

Der gebürtige Regensburger war am Dienstag morgen in Percha in

Oberbayern vor einer Bank geschnappt worden, die er überfallen wollte.

Nach eigenem Geständnis hat er in sechs Jahren 16 Banken in Bayern

überfallen. Als Motiv nannte er hohe Schulden, die durch seine

Spielsucht und gescheiterte Geschäftsideen entstanden waren.

Das Geld verlor er überwiegend an Bakkarat- und Roulettetischen.

 

 

 

 

 

 

Glücksspiel ist in Deutschland verboten.

Damit Geld zu verdienen nicht -

vor allem nicht für Landesregierungen. 80 bis 90 Prozent des

Bruttospielertrags müssen die konzessionierten Spielbanken

an das jeweilige Bundesland abführen. Jährlich werden am

Roulettetisch, beim Baccarat, Poker und Automatenspiel in

deutschen Casinos über 1,8 Milliarden Mark verspielt.

Die Einnahmen der Länder aus der Spielbankabgabe sind

in 20 Jahren um das Zehnfache auf mehr als eine Milliarde

Mark gestiegen. Gab es 1970 in der Bundesrepublik erst

13 Kasinos, sind es heute 45. Und weitere werden geplant.

aus: Wirtschaftswoche

 

 

 

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Spielsüchtiger will sein Geld zurück !

Anwalt: Spielcasino erlaubte Berliner trotz Sperrung 200mal Zutritt

Von Vera Fischer

 

Holger Müller (Name geändert) ist nicht immer Herr seiner selbst.

Das gilt vor allem, wenn es ums Glücksspiel geht.

Genau 200mal war er in den vergangenen acht Jahren nicht ganz

bei Sinnen. So oft nämlich hat er sich unerlaubt Zutritt zum Spielcasino

am Alexanderplatz verschafft, obwohl er 1988 auf eigenen Antrag

gesperrt wurde. Jetzt klagt Müller vor dem Landgericht gegen die

Betreiberfirma, die Neue Deutsche Spielcasino GmbH (NDSC)

auf Rückzahlung der verspielten 42 000 Mark.

Seit 1975, erklärt sein Anwalt Christian Ströbele, ist Müller spielsüchtig.

Das sei im Oktober 1987 auf Anordnung eine Strafgerichts in einem

psychiatrischen Gutachten bestätigt worden. Damals hatte ihn die

Spielsucht schon vor die Schranken der Strafjustiz gebracht.

 

 

 

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 Nichts geht mehr

von Elke Spanner

 

TAZ Hamburg, 13.11.1998 Rund 8000 HamburgerInnen sind spielsüchtig.

SuchtexpertInnen fordern die Anerkennung dieser Abhängigkeit durch die

Krankenkassen.

 

Der Name "Glücksspiel" führt in die Irre. Denn das Daddeln am

"Einarmigen Banditen" oder das Fiebern am Roulettetisch stürzt häufiger

ins Unglück als ins Glück. Rund 8000 Menschen in der Hansestadt, so die

Schätzung der Hamburgischen Landesstelle gegen Suchtgefahren, sind

spielsüchtig. Die Folge seien enorme psychosoziale Probleme, erklärten

gestern die TherapeutInnen des bundesweiten "Arbeitskreises

Glücksspielsucht", der in der Evangelischen Akademie seine Jahrestagung

eröffnete.

 

Was die Weltgesundheitsorganisation (WHO) lapidar als "Störung der

Impulskontrolle" beschreibt, ist für die Psychologin Gisela Alberti von

der "Alkoholfreien Selbsthilfe Hamburg" ebenso eine Sucht wie der

zwanghafte Konsum von Alkohol, Tabletten oder Heroin. Wie bei Junkies

werde die Droge zum Lebensinhalt; Verarmung, Verschuldung, die

Zerrüttung von Partnerschaften und Beschaffungskriminalität seien die

Folgen. 16 Banküberfälle in 16 Monaten verübte etwa ein jüngst in

Dresden verhafteter Mann - um seine Tage in der Spielhalle verbringen zu

können.

 

Denn Spielen kostet viel Geld. "Es ist die vermutlich teuerste Sucht",

so Alberti. Die zunehmende Verbreitung des Glücksspiels, resümiert der

Bremer Psychologe Gerhard Meyer in einer im Auftrag des

Bundesgesundheitsministeriums erstellten Studie, führt deshalb zum

Anstieg der Kriminalität.

 

In der Hansestadt haben sich SpielerInnen zu zehn Selbsthilfegruppen

zusammengefunden - oft die einzige Unterstützung, die sie bekommen

können. Da Glücksspiel nicht als Sucht anerkannt ist, werden sie bei

Suchtberatungsstellen oft abgewiesen. Außerdem zahlen die Krankenkassen

nicht für Therapien. So bleibt SpielerInnen zum professionell

begleiteten Ausstieg nur eine kleine Trickserei, ein

"Etikettenschwindel", wie Alberti verrät: "Auf dem ärztlichen Attest muß

,alkoholkrank' stehen."

 

Die rund 150 ExpertInnen forderten deshalb gestern die Anerkennung des

"pathologischen Spielens" als Sucht. Außerdem solle ein Teil des durch

Glücksspiel erworbenen Geldes dazu verwandt werden, Abhängigen zu helfen

- wie in Schleswig-Holstein. Dort verpflichtet ein Gesetz die

Spielbanken, eine Abgabe für "gemeinnützige Zwecke" und

"Hilfeeinrichtungen für Spielsüchtige" zu entrichten. Ein entsprechender

Gesetzesvorschlag des "Arbeitskreises Glücksspielsucht" liegt auch in

Hamburg vor.

 

In der Öffentlichkeit ist das Thema kaum präsent. "Die Industrie stellt

es so dar, als handle es sich um einzelne kranke Spieler, die mit dem

großen Angebot nicht umgehen können", sagt Meyer. Und der Staat verdient

an Daddelhallen und Casinos eine Menge Geld. Sieben Milliarden Mark

Vergnügungssteuern kassiert der Bund im Jahr; 30 Millionen nimmt die

Stadt Hamburg ein.

 

 

 

Foto: Gluecksspiel

 

 

Es war einfach...

"Es war einfach ein immerweiterspielen, über Geld

besorgen, Kredite aufnehmen, bis nachher Unterschlagung,

Diebstahl, Job verlieren Flucht, Selbstmordversuch"

 

Herr Kress, woran erinnert Sie dies Geräusch?

 

"Ans Kasino, aber die Zahl ist für mich noch viel

interessanter: 2 4 6 8 10 19 21 23 25 27, das waren

eigendlich so meine Ausgangsglückszahlen als ich

fünf Jahre alt war. Und ich habe immer solche ge-

genläufigen Systeme gespielt und Sie haben prompt

dareingeworfen, das weckt unheimlich viele Instinkte,

Reflexe, da kommt ein ganzes Leben Spielen wieder

hoch. Ich bin noch nicht mal ein Jahr trocken,

also, das merk ich sehr."

 

Alfred Dühn:

"Das Erste ist, daß dieses Phänomen als Sucht anerkannt ist.

Das ist bis heute noch keine anerkannte Suchtkrankheit,

sondern eine psychische Störung".

 

Mit dieser Begründung verweigern die Kassen meist die

Therapie von Spielsüchtigen. Und doch sitzt der Staat immer

mit am Spieltisch und gewinnt statistisch am Ende immer.

90 % der Einnahmen kassiert das Finanzamt.

 

aus:

13.11.98 NDR

Hamburger Journal

Die Reportage

von Rasmus Gerlach

 

 

 

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100000 Menschen sind

vom Glücksspiel abhängig

 

Hohe Schuldenlast führt häufig in die Kriminalität

 

Hamburg (dpa) - Immer mehr Menschen in Deutschland geraten durch

Glücksspiele in Not. Bundesweit gibt es derzeit 90000 bis 150000

behandlungsbedürftige Spielsüchtige.

 

Dies erklärte die Vorsitzende des Fachverbandes Glücksspielsucht, Ilona

Füchtenschnieder, bei der Jahrestagung ihrer Organisation in Hamburg.

Eine hohe Schuldenlast von durchschnittlich mehr als 30000 Mark sei

nicht selten Auslöser für eine erhebliche Beschaffungskriminalität.

 

¸¸Spielsucht ist vermutlich die teuerste Sucht. Süchtige Glücksspieler

verbrauchen oft mehr Geld als Drogenabhängige'', betonte die Psychologin

Gisela Alberti auf der Tagung. Spielsüchtige würden häufig straffällig,

ihre suchtbedingte Kriminalität werde vor Gericht aber nur in

Ausnahmefällen entsprechend bewertet. ¸¸Sie haben keine Chance auf

Therapie statt Strafe. Kosten für eine Behandlung werden bisher nur in

Ausnahmefällen übernommen'', kritisierte die Suchtexpertin.

 

89,3 Prozent aller Spieler in Behandlung räumten mindestens eine

Straftat ein, fast ein Drittel sei schon einmal wegen eines Delikts

verurteilt worden.

 

¸¸Spielbanken sind nicht selten Geldwaschanlagen für kriminell erworbene

Gelder, der Staat saniert sich mit Diebesgut'', meinte Alberti. Pro Jahr

werden nach Angaben des Fachverbandes allein in Deutschland rund 44

Milliarden Mark bei legalen Glücksspielen umgesetzt. Sieben Milliarden

Mark nehme der Staat jährlich durch Glücksspiele ein. Zumindest ein Teil

dieses Geldes sollte dazu verwendet werden, süchtig gewordenen Spielern

bei der Entschuldung zu helfen.

 

Auch sollten die Sozialversicherungen Glücksspieler endlich wie andere

Suchtkranke und psychisch Kranke anerkennen, forderten 150

Suchttherapeuten, Ärzte und Wissenschaftler bei der Tagung.

 

aus:

14.11.1998

Stuttgarter Nachrichten

 

 

Foto: Gluecksspiel

 

 

 Fotos: Hinrich Schultze

 

weitere Infos:

Bundesweiter Arbeitskreis Glücksspielsucht

Beratung und Hilfe

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webmaster: Hinrich Shultze