Was wissen wir vom Sudan?
Vielleicht haben wir in der Schule gelernt,
daß sich in der Hauptstadt Khartum, oben im
Bild, der Weiße und der Blaue Nil vereinen.
Oder vielleicht auch, daß ohne das hier
produzierte Gummiarabicum die weltweite
Coca-Cola Produktion zusammenbrechen würde.
Die Sudanesen lieben ihre Heimat.
Dennoch gibt es kaum ein Land, aus
dem mehr Menschen geflüchtet sind.
Ein jahrzehntelanger Bürgerkrieg zwi-
schen dem moslemischen Norden und dem
durch Christen und Naturreligionen
geprägten Süden trieb vier Millionen
Sudanesen ins Exil.
Die Bevölkerung beider Konfliktparteien
ist kriegsmüde, doch der Kampf geht weiter.
Die Ursache der Tragiödie liegt jedoch
nicht in der Religion. Es geht um Macht,
Bodenschätze und Eitelkeit.
Mittel des Krieges sind nach Angaben von
Amnesty International: Unterdrückung der
Opposition durch die Militärregierung,
Pressezensur, Vertreibung, Bombardierung,
Massenvergewaltigung, Sklaverei, Folter
und Kindersoldaten.
Um den Krieg weiterführen zu können
wird massiv an die Religiösen Gefühle der
moslemischen Bevölkerung appelliert.
Denn der Koran ist hier Staatsreligion.
Auf einen Wechsel des Glaubens steht,
zumindest theoretisch, die Todesstrafe.
Eingeleitet hat die repressive Auslegung
des Koran Dr. Hassan El Turabi, Chef der
Nationalen Islamischen Front und Begründer
einer weltweiten islamisch-fundamentalis-
tischen Bewegung.
Einzig die selbstbewußten sudanesischen
Frauen stellen sich bisweilen erfolgreich
dem Anspruch einer repressiven Politik
entgegen: Einige versuchen, ihre Söhne
vor dem Kriegsdienst zu schützen.
Im Gegensatz zu anderen arabischen Staaten
lassen sie es sich hier auch nicht verbieten,
farbenfroh in die Öffentlichkeit zu treten.
Der Sudan ist mit 2,5 Millionen Quadratkilometer das flächenmäßig größte Land Afrikas.
Vielfältig ist die Landschaft: Staubige Sandwüsten, fruchtbare Überschwemmungsgebiete,
Steppe oder Wälder. Genauso unterschiedlich sind die Menschen, die auf dem Territorium
leben, das von der britischen Kolonialmacht mit willkürlichen Grenzen versehen, Sudan
genannt wurde.
Ein Vielvölkerstaat mit unzähligen ethnischen,
kulturellen und religiösen Gemeinschaften.
Genauso vielfältig sind die Konflikte.
Neben den lokalen Auseinandersetzungen
um Weidegründe, Kinder- und Frauenraub
ist es hauptsächlich der seit über 150
Jahren andauernde Kampf des Südens gegen
die Ausbeutung durch den Norden, die das
Land nicht zur Ruhe kommen läßt.
Deutlich verschärft wurde das Elend
durch aktuelle Erdölfunde im Süden des
Landes: Eine ungestörte Ausbeutung der
kriegswichtigen Bodenschätze ist nur
möglich, wenn die ansässige Bevölkerung
weiträumig vertrieben wird.
Immer wieder zerstört der Krieg die Nahrungsgrundlagen der Zivilbevölkerung.
Die internationalen Hilfsorganisationen können das größte Leid kaum lindern.
Und häufig ist kein Durchkommen. Nach einer Reifenpanne stauen sich im
Südsudan die LKW-Konvois mit Lebensmitteln.
Ein Land etwa halb so groß wie Europa - mit insgesamt 5 Kilometern geteerter Straße.
Die wenigen befestigten Lehmpisten werden in der Regenzeit zu Schlammlöchern.
Obgleich Teile des Landes sehr fruchtbar sind,
kommt die Bevölkerung nicht zur Ruhe.
Maridi, im Südsudan, war einst Ausflugziel
begüterter Hochzeitspaare aus Khartum.
Diese Zeiten sind lange vorbei.
Jetzt treffen nur noch Flüchtline ein,
die Bevölkerung ist terrorisiert durch
regelmäßige Luftangriffe der Regierung.
Yei, das "Paradies" des Südsudan. Eines der schönsten Orte des Landes.
Als nach den Kämpfen zwischen Regierungstruppen und der Sudanesischen
Volksbefreiungsarmee SPLA die Bevölkerung von Yei von 30.000 auf 90.000
Menschen anwuchs, wurde aus dem Städtchen über Nacht eine "Großstadt".
Tukuls, die traditionellen Lehmhütten mit Schilfdach, schützen vor der
sengenden Sonne, jedoch nicht vor den regelmäßigen Bombardierungen aus
der Luft.
In der Vergangenheit kam es gelegentlich zu Auseinandersetzungen
zwischen der Sudanesischen Volksbefreiungsarmee SPLA und der
ansässigen Bevölkerung um die Abgabe von Lebensmitteln.
Um Übergriffe in Zukunft zu verhindern, sollen die Soldaten ihren
Mais nun selber anbauen.
Der Weg von der Idylle zum Horror ist im Südsudan kurz.
Regelmäßig sind die Dörfer Luftangriffen ausgesetzt.
Opfer des 17 Jahre andauernden Bürgerkrieges
sind mehrere Millionen Flüchtlinge, anderthalb
Millionen Menschen kostete er das Leben.
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